Startseite > Área Internacional > OTROS IDIOMAS > Deutsch > Neunter Jahrestag der Gründung des Komitees Cerezo, Mexiko

Neunter Jahrestag der Gründung des Komitees Cerezo, Mexiko

Mittwoch 25. August 2010, von Comité Cerezo México

Alle Fassungen dieses Artikels: [Deutsch] [English] [Español] [Español]

Neunter Jahrestag der Gründung des Komitees Cerezo, Mexiko

 

Am 13. August 2001 wurden Alejandro, Héctor und Antonio Cerezo Contreras und Pablo Alvarado Flores auf illegale Weise in Mexiko-Stadt verhaftet. Aus diesem Anlass entstand das Komitee Cerezo, welches mit der Aufgabe antrat, sich gegen dieses Unrecht unter der Regierung Vicente Fox, die sich auf internationaler Ebene mit einer für die Menschenrechte engagierten Politik präsentierte, zu wehren.

 

Wir haben uns als Familienangehörige und FreundInnen organisiert und die gesellschaftliche Unterstützung für die Freilassung der Inhaftierten und weiterer Opfer von illegaler Haft und Folter gesucht. Damals waren wir weit davon entfernt von der Vorstellung, eines Tages als Menschenrechtsorganisation nicht den eigenen Fall zu führen, sondern auch andere Personen und Organisationen mit ähnlichen Fällen zu begleiten.

 

Wir lernten, illegale Verhaftung, Folter und Isolationshaft in Hochsicherheitsgefängnissen zu dokumentieren und zu veröffentlichen. Wir lernten auch, Fälle von politischen Gefangenen in Datensätzen zu sammeln und Menschenrechtsverletzungen mit Akten zu systematisieren. Als Folge unserer Arbeit erhielten wir Drohungen und erlebten Belästigungen, illegale Beschattungen und Überwachungen unserer Mitglieder. Auch diese dokumentierten und veröffentlichten wir. Wir mussten lernen, wie wichtig Sicherheit und Schutzmechanismen für unsere Organisation sind und dass sie in unsere alltägliche Arbeit als Organisation eingebunden werden müssen.

 

Wir haben stets den mexikanischen Staat kritisiert und als Urheber von Menschenrechtsverletzungen öffentlich gemacht und deshalb Drohungen erhalten. Deshalb werden wir seit 2002 von der internationalen Organisation Peace Brigades International begleitet. Auch erhalten drei Mitglieder des Komitees seit 2006 Schutzmaßnahmen, die von der Interamerikanischen Menschenrechtskommission angeordnet wurden.

 

Das Komitee entwickelte sich und wuchs. Wir schufen unsere Identität, unsere Grundsätze, unser Emblem, unseren Arbeitsstil. Wir gründeten unsere eigenen Kommunikationsmittel wie z.B. unsere Homepage. Unsere erste eigene Finanzierungsquelle war das kollektive Café „Villa“. Es entstanden weitere Komitees in anderen Bundesstaaten und sogar eines in Montreal in Kanada. Alles gründet auf einer solidarischen Basis mit vielen UnterstützerInnen, die trotz Drohungen, Stigmatisierungen und Verleumdungen durch die Regierung an unserer Seite standen.

 

Einige Personen, Gruppen und Organisationen teilten ihr Wissen, ihre Zeit und ihre finanziellen Ressourcen mit uns und gaben ihre Unterstützung in der alltäglichen Arbeit – einige als Mitglieder des Komitees, andere als FreundInnen und GenossInnen in einem gemeinsamen Kampf.

 

Unsere Mühen und Anstrengungen schienen erfolgreich, als im März 2005 Alejandro Cerezo Contreras, von aller Anklage befreit und unschuldig erklärt, das Gefängnis verließ. Ebenso wie Pablo Alvarado Flores, der im August 2006 nach Ablauf einer ungerechten Gefängnisstrafe freikam. Im Februar 2009 erhielten Héctor und Antonio nach siebeneinhalb Jahren Gefängnishaft ihre Freiheit.

 

Nach dem Februar 2009 entschieden wir als Komitee, unsere Arbeit fortzusetzen. Eine Etappe war zu Ende gegangen, aber wir würden unsere Aufgabe als MenschenrechtsverteidigerInnen weiterführen. Wir sind der Meinung, auf dem richtigen Weg zu sein.

 

Für diejenigen, die uns weiterhin begleiten und jene, die sich fragen, woran wir arbeiten, stellen wir unseren Arbeitsbericht für den Zeitraum von August 2009 bis heute vor.

 

1. Insgesamt wurden 47 Workshops für insgesamt 500 Menschen aus sozialen Organisationen, Menschenrechtsgruppen und als Einzelpersonen angeboten. Ein Arbeitskreis Bildungsarbeit wurde gegründet.

2. Aus der Notwendigkeit, das Thema Sicherheit systematisch zu bearbeiten, haben wir gemeinsam mit dem Menschenrechtszentrum Fray Francisco de Vitoria das Handbuch zur Einführung in die Sicherheit in sozialen und zivilen Organisationen erstellt (“Manual de introducción: La seguridad en las organizaciones civiles y sociales”).

3. Zur weiteren Bearbeitung des Themas Sicherheit wurde die Vereinigung Acción Urgente para Defensores de los Derechos Humanos (ACUDDEH) gegründet, die sich auf Sicherheit und Schutz von MenschenrechtsverteidigerInnen spezialisiert hat. Die Vereinigung hat ein Abkommen mit der Organisation Protection International zur Gründung von Protection Desk Mexiko unterzeichnet.

4. Die Homepage des Komitees wird verwaltet und aktualisiert und verzeichnet 600.000 Besuche. Die Website Viento de Libertad, die der Dokumentation von Fällen politischer Gefangener, Verfolgter und illegaler Hinrichtungen gewidmet ist, wurde 327.000 Mal besucht. Es hat sich ein Arbeitskreis Sistematisierung von Information gegründet.

5. Auf der Grundlage der dokumentierten Information hat das Komitee dieses Jahr einen Bericht zu politischen und Gewissensgefangenen in Mexiko von 2002 bis 2008 erstellt. Er wird bald auf der Homepage zur Verfügung stehen.

6. Dieses Jahr fand die dritte Europatour des Komitee Cerezo in Europa mit dem Ziel statt, über unsere Arbeit zu informieren und die Verschlechterung der Menschenrechtssituation darzustellen. Wir wollen an dieser Stelle die solidarische Unterstützung durch mexikanische und europäische Organisationen betonen, die wesentlich zur Realisierung dieser Reise beigetragen haben. Seit neuestem hat das Komitee einen Arbeitsbereich Internationales.

7. Gemeinsam mit der Organisation Serapaz und der Autonomen Universität von Mexiko-Stadt haben wir eine Tagung zum Thema Geistige Gesundheit und Menschenrechte aus psychosozialer Perspektive durchgeführt (Jornada “Salud Mental y Derechos Humanos desde una Perspectiva Psicosocial”).

8. Einige unserer Mitglieder haben sich im Thema psychosozialer Unterstützung weitergebildet und unter anderem an dem Seminar für zur psychosozialen Begleitung teilgenommen. Dabei entstand ein Bericht zu Menschenrechtsverletzungen im Fall der zwölf Gefangenen und VerteidigerInnen von Landrechten als Beitrag zum Bericht über die psychosozialen Folgen bei den Angehörigen der Gefangenen von San Salvador Atenco („Informe colaborativo de violaciones a los derechos humanos 12 presos por la defensa de la tierra“ und Informe de Efectos Psicosociales en los Familiares de los Presos de San Salvador Atenco). Des weiteren entstand ein Video über die Hungerstreikenden von SME.

9. Wir nehmen am Komitee „Freiheit und Gerechtigkeit für Atenco“ teil und der Weiterentwicklung der internationalen und nationalen Kampagne „Freiheit und Gerechtigkeit für Atenco“. Unter anderem wurde ein Bericht zu Haftbedingungen in den Hochsicherheitsgefängnissen „Altiplano“ und „Molino de las Flores“ gemeinsam mit dem Menschenrechtszentrum Fray Francisco de Vitoria erstellt (Informe sobre las Condiciones Penitenciarias).  

10. Wir haben den Studenten  Emmanuel Hernández Hernández seit seiner Verhaftung im Dezember 2009 bis zu seiner Freilassung im Juni 2010 begleitet.

11. Die vierteljährliche Zeitschrift „Revuelta“ erscheint nun regelmäßig und erreichte ihrer 17. Ausgabe. Seit diesem Jahr existiert auch eine Online-Ausgabe.

12. Dieses Jahr organisierten wir Veranstaltungen, Tagungen und Foren zu unserem Fall und der Menschenrechtssituation in Mexiko, wie zum Beispiel im April mit WissenschaftlerInnen, MenschenrechtsverteidigerInnen und MitarbeiterInnen des Büros des Hochkommissars für Menschenrechte der Vereinten Nationen in Mexiko sowie Amnesty International.

Paco Ignacio Taibo II liest Texte der Brüder Cerezo aus dem Gefängnis Filosofar desde la adversidad / Presenta Taibo II textos de los Cerezo en prisión.

Konferenz Digna Ochoa y Plácido – acht Jahre seit ihrer Ermordung Jornada DIGNA Ochoa y Plácido, a 8 años de su asesinato

Forum: die Kriminalisierung des sozialen Protests: neue Herausforderungen für MenschenrechtsverteidigerInnen Foro: La criminación de la protesta social: nuevos retos para los defensores de derechos humanos

13. Wir haben an zahlreichen Treffen, Versammlungen, Foren, Interviews und Gesprächen zum Thema Verteidigung von Menschenrechten und Dokumentation von Menschenrechtsverletzungen sowohl in Mexiko-Stadt als auch in anderen Bundesstaaten teilgenommen.

14. Komitee Cerezo in San Luis Potosí El Comité Cerezo México en San Luis Potosí

15. Komitee Cerezo auf dem Weltsozialforum Participación del Comité Cerezo en el FSM

 

Unsere Aktivitäten und Erfolge zeigen uns, dass die Entscheidung für den Kampf für die Grund- und Menschenrechte richtig war, weil es ein gemeinsamer Kampf mit vielen anderen Menschen ist. Wir wären nicht dort, wo wir jetzt sind, ohne die Solidarität und Unterstützung vieler Menschen und Organisationen, die uns all die Jahre begleitet haben.

 

Leider können wir uns nicht mit dem jetzigen Zustand zufriedengeben, weil sich die Anzeichen dafür vermehren, dass sich der mexikanische Staat in einen Staat, der mit Terror regiert, verwandelt. Die Politik der „demokratischen Sicherheit“ erinnert sehr an die Politik der Sicherheit der kolumbianischen Regierung, die zu schrecklichen Konsequenzen für die Bevölkerung geführt hat.

 

Deshalb scheint es unverzichtbar, die Dokumentation von Menschenrechtsverletzungen zu verbessern, weil nur auf diese Weise unsere Anklage Gewicht und Überzeugungskraft erhält. Auch ist die Einbindung des Themas Sicherheit in die Arbeit der Organisationen der sozialen Bewegung unbedingt notwendig, weil nur lebend wir zur Bemühung beitragen können, dem Schwinden des Respekts für die Menschenrechte entgegen zu treten.

 

Nur eine geeinte starke soziale Bewegung ist in der Lage, eine lebensfähige Alternative für die wirtschaftliche, politische und soziale Wirklichkeit in unserem Land anzubieten.

 

Angesichts dieser vielschichtigen und gefährlichen Realität werden wir unsere Arbeit weiterführen und den Staat als Menschenrechtsverletzer anklagen. In dieser Krise ist unsere Arbeit unentbehrlich. In diesem Sinne erklären wir die mexikanische Regierung verantwortlich für jegliche Arten eines möglichen Angriffs auf Mitglieder des Komitees Cerezo.

 

“MenschenrechtsverteidigerIn zu sein ist kein Synonym für Terrorismus”

¡Freiheit für alle politischen und Gewissensgefangenen!

COMITÉ CEREZO MÉXICO

Mexiko-Stadt 25.August 2010

 

 

Eine Nachricht, ein Kommentar?

Wer sind Sie?
Hinterlassen Sie Ihren Kommentar hier.

Dieses Feld akzeptiert SPIP-Abkürzungen {{gras}} {italique} -*liste [texte->url] <quote> <code> et le code HTML <q> <del> <ins>. Absätze anlegen mit Leerzeilen.